Kapitel 6
Altersruhesitz
Barusici (von Matthias Reithmair)
Anfangs waren unsere Eltern nicht sehr begeistert, dass wir einen alten Steinhaufen (damit meinten Sie den Turm) in einem fremden Land gekauft hatten. Allerdings schlossen auch sie nach einigen Urlauben auf der Insel Krk das Land in ihr Herz und unterstützten uns sogar beim Kauf unserer zweiten Immobilie, der Turmvilla. Drei Jahre danach wollten unsere Eltern schließlich auch ein altes Steinhaus kaufen, das als Altersruhesitz in der Rente dienen sollte. Insbesondere wollten unsere Eltern ihr Domizil vor allem im Frühling und Herbst bewohnen, da diese die perfekten Jahreszeiten für Radtouren auf der Insel sind. Zudem sollte es in der Nähe des Turms sein, aber dennoch ein wenig abgeschieden um die Ruhe genießen zu können.
Also machten wir uns auf die Suche und entdeckten einen alten Stall, der perfekt dafür geeignet schien. Dieser alte Stall sollte unsere schwierigste Baustelle, aber auch unser Meisterstück werden. Zuerst musste das Dach neu gedeckt werden, dann die Zwischendecke zwischen Erd- und Obergeschoss eingezogen und Zwischenwände errichtet werden. Weiter ging es mit dem Innenausbau mit u.a. Verlegung von Wasser- und Strom, der Fussbodenheizung, sowie Bau der Bäder. Neugierig wie wir waren, ließen wir an einer Stelle den Putz von der Außenfassade abschlagen und stellten mit Erstaunen fest, dass darunter wunderschöne, sehr große Steine zum Vorschein kamen. Daraufhin beschlossen wir im kompletten Stall außen und innen die Steinoptik wieder freizulegen. Da der Vater des Vorbesitzers, der nach seiner Rückkehr von Amerika diesen Stall errichtete, wohl die Absicht hatte ihn einmal als Wohnhaus zu nutzen, war der Stall sogar mit offenem Kamin versehen.
Die von uns beauftragte Baufirma baute uns eine neue Sickergrube und einen an den Stall angrenzenden neuen Keller, in dem u.a. die Solarthermieanlage untergebracht wurde. Eine besonders schwere Aufgabe hatten zwei Steinhauer, die die neue Gartenmauer und die neuen Steinsäulen mit Stein verkleideten. Jeder Stein wurde per Hand gehauen und an die richtige Stelle gesetzt. Um sie bei Laune zu halten, brachte ich Ihnen jeden Tag Bier und Zigaretten auf die Baustelle.
Die größte Herausforderung sollte allerdings der Strom- und Wasseranschluss sein. Zuerst wurde mit den zuständigen Behörden abgeklärt, wie der Anschluss verlaufen sollte. Da die Entfernung vom Haus zum Anschlusspunkt 150 m betrugen, planten wir, dass Strom und Wasser in einer Trasse verlegt werden. Beide Behörden waren einverstanden und versicherten sich gegenseitig abzustimmen. Einige Wochen später kam tatsächlich ein Bagger. Als wir zur Baustelle kamen, hatte er seine Arbeit schon beendet: allerdings hatte er nur den Strom verlegt! So kam wieder einige Wochen später ein Bagger, der einen halben Meter daneben erneut eine Trasse grub um die Wasserleitung zu verlegen. Jetzt mussten noch beide Systeme an das öffentliche Netz angeschlossen werden. Damit der Wasseranschluss erfolgen konnte, beantragte ich zusammen mit einem Freund eine Straßensperre beim Straßenamt in Rijeka. Beim Stromanschluss lief es leider noch katastrophaler: Wir hatten auch nach unserem Einzug noch keinen Strom. Netterweise half uns unser Nachbar und Vorbesitzer mit einer sehr langen Kabeltrommel aus, bis wir endlich einige Wochen später Strom bekamen. Dies musste natürlich mit einem Stromfest gefeiert werden!
Die beiden Ferienwohnungen tauften wir auf die Namen ‚Kamen’ und ‚More’. Kamen bedeutet im Kroatischen "Stein" und More "Meer". Als wir dem Vorbesitzer unser fertiges Werk zeigten, weinte er vor Freude.
Da unsere Mama einen grünen Daumen hat, mussten unsere Gärtner noch eine Spezialaufgabe erfüllen. Wir wollten neben den üblichen Pflanzen wie Olivenbaum, Feige, Lavendel und Rosmarin ein mediterranes Arboretum anlegen mit z.B.
- Mittelmeermyrte
- Brasilianische Guave (Acca sellowiana), auch Feijoa oder Ananas-Guave
- Indianerbanane (Pawpaw)
- Schokogurke
- Libanonzeder
- Aronie
Im Garten bauten wir noch einen Piratenschiff-Sandkasten für Kinder. Feriengäste von uns errichteten zudem einen Pizzaofen. Somit stand der perfekte Altersruhesitz bereit! Zu sagen bleibt nur, dass nicht nur die Feriengäste sich sehr wohl fühlen, sondern auch unsere Eltern stolz auf ihr Domizil sind und sich freuen es im Frühling und Herbst zu bewohnen um ihren Fahrrad-Urlaub zu genießen.