Kapitel 4
Das Haus, das Verrückte macht
Antrag auf Vermietungserlaubnis in Kroatien (von Matthias Reithmair)
"In Kroatien ist es einfacher ein Atomkraftwerk anzumelden als eine Ferienwohnung"! Anfangs haben wir noch darüber gelacht, aber das Lachen ist uns sehr schnell vergangen.
Zuerst galt es ein Vermietungsantragsformular für die Appartements abzuholen. Dieses musste man in einem Schreibwarenladen kaufen. Es gab 9 verschiedene Formulare für 9 verschiedene Vermietungsobjekte- und Arten und der Schreibwarenladen verkauft alle bis auf Nummer 4, das dann nach Anstehen und Warten im Vermietungsamt sich als das Richtige herausstellt, was es aber nur in einem anderen Schreibwarenladen gibt.
Zusätzlich zum Antragsformular benötigte man diverse, weitere Unterlagen, die sich jedoch des Öfteren änderten. Bei jedem unserer Versuche den Antrag einzureichen wurde die Liste der benötigten Dokumente länger oder ein Teil unserer Dokumente hatte mittlerweile ein zu altes Datum, so dass uns noch das ein oder andere (wieder) fehlte. Zusätzlich gab es noch zahlreiche Gesetzesänderungen, wodurch sich bestimmte Kriterien änderten oder kein Antrag angenommen wurde, weil noch keiner die Bedingungen der neuen Gesetzesänderung kannte. Selbst wenn wieder Klarheit über die benötigten Dokumente herrschte, kamen wir einige Male dennoch nicht weiter, da gerade der zuständige Sachbearbeiter krank, im Urlaub oder in der Mittagspause (Marende) war. Wir wurden mehrmals von A nach B und wieder zurück geschickt ohne irgendwie vorwärts zu kommen, oder bekamen nicht die benötigte Kopie, weil der Kollege, der den Kopierer bediente, im Urlaub war. Um motiviert zu bleiben und die deprimierenden Misserfolge zu verringern, entschlossen wir uns unsere Erfolgsquote auf 50% herunter zu schrauben. Das hieß, wenn nur die Hälfte der von uns vorgenommenen Aufgaben bei den Ämtern klappte, feierten wir das als vollen Erfolg.
Kein Wunder, dass die Stadtverwaltung in Krk Stadt bei uns sehr bald den Spitznamen "das Haus, das Verrückte macht", inne hatte, denn dort erlebten wir Dinge, die man eins zu eins auf den Asterix Film "Asterix erobert Rom" umlegen konnte (dem dieser Spitzname entstammt). Wir sind zwischendurch mehrmals fast durchgedreht, haben dann aber einfach weitergemacht und am Ende bezwangen wir die Bürokratie und erfüllten die Liste:
- Vermietungsantragsformular
- Handelregisterauszug d.o.o.
- Kaufvertrag
- Katasterauszug
- Grunderwerbssteuer
- Grundbuchauszug
- Gesundheitszeugnis
- Bestätigung eines zertifizierten Elektrikers über die vorschriftsmäßige Elektroinstallation
- Wassergutachten mit Wasserproben
- Bescheinigung über eine Sickergrube (Septica) inkl. regelmäßiger Entleerung
- Bescheinigung über Kommunalabgaben
- notariell beglaubigte Erlaubnis des Besitzers vom 1. OG für die Vermietung unserer Etagen
- Apostille bei Abwicklung über mehrere Notare hinweg
- Beleg über die bezahlten Gebühren für die Vermietungserlaubnis
Dafür erhielten wir vom "Haus, das Verrückte macht":
Trommelwirbel....
Ein gelbes Post-IT mit unserer Bearbeitungsnummer!
Das musste natürlich ausgiebig gefeiert werden.
Einige Monate später bekamen wir dann die langersehnte Vermietungserlaubnis zugeschickt. Somit durften wir als Belohnung für unseren unsäglichen Aufwand die offiziellen blauen Appartementschilder bestellen und an den Turm nageln.
Ein weiterer Exkurs in die kroatische Bürokratie:
Die grundlegenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Kroatien hinsichtlich Buchhaltung und Gesetzgebung sind hauptsächlich nach deutschem Vorbild aufgebaut. Allerdings wird die Auslegung dort ein wenig strenger betrieben als gedacht.
- Rechnungsvorschriften für den Abzug von Umsatzsteuer wie in Deutschland, aber ohne die buchhalterische Vereinfachung der Kleinbetragsregelung
- keine Barzahlungen durch Gesellschafter oder Geschäftsführer, nur bei Angestellten als Auslage erlaubt
- Umsatzsteuerguthaben werden vom kroatischen Staat nicht ausgezahlt, sondern vorgetragen bis wieder eine Zahlung fällig wird
- Absetzbarkeit von importierten Wirtschaftsgütern nur, wenn sie ordnungsgemäß verzollt wurden
Aber man muss wirklich eingestehen, dass sich diese Rahmenbedingungen durch den Beitritt Kroatiens in die EU 2013 wirklich verbessert haben und etwas einfacher geworden sind.